Im letzten Jahr haben wir bereits über die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und ihre weitreichenden Implikationen für Unternehmen berichtet. Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen ein Update zu den neuesten Entwicklungen rund um die Lieferkettensorgfalt und zu den aktuellen Anpassungen der Richtlinie geben.
Änderungen im Wettbewerbsrecht durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
Montag, 22. Februar 2021
Im Dezember 2020 ist das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Kraft getreten. Dies brachte bereits und bringt auch zukünftig Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit sich.
In der Praxis werden ohne anwaltliche Beratung häufig aus Unkenntnis und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten Unterlassungserklärungen vorschnell abgegeben oder Vertragsstrafen vorschnell gezahlt. Durch die Neuregelungen soll deshalb vor allem verhindert werden, dass Abmahnanwälte durch rechtsmissbräuchliche Abmahnungen große Einnahmen generieren können. Nachfolgend sollen die wichtigsten Änderungen im Überblick zusammengefasst werden.
Einschränkung der Aktivlegitimation
Noch immer sieht § 8 Abs. 1 UWG vor, dass derjenige, der eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung der abgemahnten Handlung in Anspruch genommen werden kann.
Neu ist allerdings eine Einschränkung der Aktivlegitimation in § 8 Abs. 3. UWG, die abweichend von den übrigen Regelungen erst am 1. Dezember 2021 in Kraft treten wird. Danach sind zukünftig nur noch Mitbewerber zur Abmahnung berechtigt, die selber in nicht nur unerheblichem Umfang Handel betreiben oder Dienstleistungen anbieten. Dadurch werden Abmahnungen von Scheinhändlern unterbunden, die nur dem Anschein nach zur Erlangung einer Aktivlegitimation für Abmahnungen einen Handel betreiben. Außerdem sollen ab dann Verbände künftig nur noch abmahnen können, wenn sie in der Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände nach § 8 b UWG geführt werden.
Kein “fliegender“ Gerichtsstand mehr
Bisher konnte bei unlauterem Verhalten im Internet nahezu in der gesamten Bundesrepublik geklagt werden, da der Handlungserfolg überall im Inland eingetreten ist. Diese Gesetzeslage hat sich nun grundlegend geändert: Im Grundsatz muss nach § 14 Abs. 2 UWG bei wettbewerbswidrigen Handlungen jetzt dort geklagt werden, wo die beklagte Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat.
Neueinführung des § 8 c UWG
Am deutlichsten erkennbar wird das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel anhand des durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs neu geschaffenen § 8c UWG. Dieser erklärt die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen ausdrücklich für unzulässig und enthält der Rechtsprechung entnommene Fallgruppen, bei deren Einschlägigkeit ein Abmahnmissbrauch im Zweifel anzunehmen ist.
Mit „missbräuchlichen Abmahnungen“ sind danach grundsätzlich solche gemeint, die primär zur Erzielung von Gewinnen erfolgen. In den letzten Jahren hatte sich verstärkt eine dahingehende Praxis durch sogenannte Abmahnanwälte entwickelt. Mit den in § 8c UWG aufgenommenen, klar definierten Fallgruppen geht nun eine deutliche Erschwerung für Abmahnanwälte einher.
Danach spricht für das Vorliegen einer „missbräuchlichen Abmahnung“ beispielsweise, wenn ein Mitbewerber eine erhebliche, außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit stehende Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift geltend macht. Ein anderes Indiz ist die Höhe angesetzter Gegenstandswerte oder der geforderten Vertragsstrafe.
§ 8c Abs. 3 UWG enthält zudem eine neue Anspruchsgrundlage: Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen kann der Anspruchsgegner vom Anspruchsteller zusätzlich zu sonstigen Schadensersatzansprüchen den Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen fordern.
Neue Formerfordernisse für Abmahnungen
Der Gesetzgeber hat die formellen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung durch § 13 Abs. 2 UWG erheblich verschärft. So muss künftig - um nur ein Beispiel zu nennen - die Anspruchsvoraussetzung der Abmahnberechtigung klar und verständlich in der Abmahnung angegebenen werden. Vertragsstrafen für "unerhebliche" Verstöße dürfen nach § 13 a Abs. 3 UWG 1.000,00 EUR nicht übersteigen.
Worauf sollte zukünftig geachtet werden?
Sowohl bei dem Erhalt einer Abmahnung als auch bei Erklärung einer Abmahnung sollten Sie zukünftig daher darauf achten, ob der Abmahnende überhaupt zur Abmahnung berechtigt ist, die gesetzlich vorgeschriebene Form für eine Abmahnung eingehalten wurde und ob Gründe vorliegen, die für die Annahme einer missbräuchlichen Abmahnung sprechen könnten.
Bei Unsicherheiten darüber, ob eine Abmahnung als rechtsmissbräuchlich zu bewerten ist, stehen Ihnen unsere Experten im Bereich IT-Recht, Telekommunikation, Datenschutz jederzeit gern beratend zur Seite.