Änderung des AGB-Rechts durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge
Das Bundeskabinett hat am 16.12.2020 den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge beschlossen. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Änderungen des AGB-Rechts vor und beantworten die Frage, ob damit auch Auswirkungen auf AGB im Verhältnis Unternehmer-Unternehmer zu erwarten sind.
Ein Beitrag von Christine Knote und Felix Bartels
Neues Klauselverbot für Abtretungsverbote
In § 308 BGB soll ein neues Klauselverbot für Abtretungsverbote eingefügt werden. Verbrauchern soll es nach dem Gesetzesentwurf stets möglich sein, Geldforderungen gegen Unternehmer abzutreten.
Im Rahmen des geltenden Rechts sind Abtretungsverbote durch AGB grundsätzlich möglich, müssen aber einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB standhalten. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Abtretungsausschluss nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zuweilen unwirksam, wenn ein berechtigtes Interesse des Verwenders am Ausschluss der Abtretbarkeit nicht besteht oder berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen (zuletzt BGH, Urteil vom 17. April 2012 – XR 76/11, NJW 2012, 2107).
Durch den neu hinzuzufügenden § 308 Nr. 9 lit. a) BGB-E soll künftig für alle Arten von auf Geld gerichteten Ansprüchen, die in den Anwendungsbereich des Klauselverbots fallen, ein Abtretungsausschluss durch AGB nicht mehr wirksam vereinbart werden können. Die Wirksamkeit eines auf andere Rechte des Verbrauchers bezogenen Abtretungsverbotes richtet sich nach dem neuen § 308 Nr. 9 lit. b) BGB-E nach der Interessenlage.
Dass die neuen Regelungen Auswirkungen auf die Wirksamkeit von AGB-Klauseln im Verkehr zwischen Unternehmern haben, ist sehr unwahrscheinlich, da auch in der Rechtsprechung bislang auf die unterschiedliche Interessenlage im B2B-Verhältnis einerseits und im B2C-Verhältnis andererseits stets Rücksicht genommen wurde: „Im unternehmerischen Geschäftsverkehr wird anerkannt, dass es ein anerkennenswertes Interesse daran gibt, die Vertragsverhältnisse klar und übersichtlich zu halten. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Forderungen von Unternehmern häufig als Sicherungsgrundlage an Kreditgeber abgetreten werden“ (OLG Hamm vom 21. September 2010 – 4 U 134/10).
Änderung der Klauselverbote zu Laufzeitvereinbarungen
Der Entwurf sieht weiterhin Änderungen von § 309 Nr. 9 BGB vor, welche die Wirksamkeit von Bedingungen über die Vertragslaufzeit, automatische Verlängerungen sowie die Kündigungsfrist betreffen.
De lege lata ist es möglich, dass unter Ausschöpfung der Grenzen des § 309 Nr. 9 BGB für Verträge zunächst eine Laufzeit von zwei Jahren vereinbart wird und sich diese jeweils um ein weiteres Jahr verlängern, sofern keine rechtzeitige Kündigung erfolgt.
§ 309 Nr. 9 BGB soll dahingehend geändert werden, dass zukünftig zwar weiterhin eine Laufzeit von bis zu zwei Jahren vereinbart werden kann, die Vereinbarung von Laufzeiten von über einem Jahr bis zu zwei Jahren aber an zusätzliche Bedingungen geknüpft wird. Außerdem soll eine maximale Laufzeit von einem Jahr mit einer automatischen Verlängerung um drei Monate im Falle ausbleibender Kündigung in der Regel zulässig sein. Die Verlängerung um mehr als drei Monate bis zu der weiterhin zulässigen Höchstgrenze von einem Jahr ist wieder an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft. Zudem soll nur noch eine Frist von einem Monat für eine Kündigung vereinbart werden können, durch die die automatische Vertragsverlängerung ausgeschlossen werden kann.
In dem am 24. Januar 2020 veröffentlichten Referentenentwurf war noch eine maximal zulässige bindende Vertragslaufzeit von einem Jahr sowie eine automatische Verlängerung um höchstens drei Monate vorgesehen. Mit der kürzlich beschlossenen differenzierteren Regelung wurde wohl die in zahlreichen Stellungnahmen geäußerte Kritik aufgegriffen und ein Mittelweg zugunsten einer etwas freieren Vertragsgestaltung eingeschlagen.
Praktische Auswirkungen hat die Änderung damit vor allem auf Langzeitverträge, wie Telefon- und Internet-, Strom- und Gaslieferungsverträge oder auch zum Beispiel Fitnessstudioverträge.
Im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern sind formularmäßige Laufzeitregelungen nur im Rahmen des Angemessenen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB zulässig, wobei grundsätzlich die Gebräuche und Gewohnheiten des Handelsverkehrs zu berücksichtigen sind (Grüneberg in: Palandt § 309 Rn. 96). Die, wie der Name des Gesetzes bereits vermuten lässt, auf den Schutz des Verbrauchers zugeschnittene Regelung des § 309 Nr. 9 BGB-E wird auch zukünftig nicht auf Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern übertragen werden können.
Weitere Regelungen und Inkrafttreten
Daneben enthält der Entwurf auch neue Bestimmungen zu unerlaubter Telefonwerbung, ein Textformerfordernis für bestimmte Energielieferverträge sowie eine Anpassung des § 476 BGB im Verbrauchsgüterkaufrecht.
Ein Datum, an dem das Gesetz in Kraft treten soll, enthält der Entwurf noch nicht. Nach dem Entwurf sollen die § 309 BGB betreffenden Änderungen am ersten Tag des siebten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft treten. Im Übrigen soll das Gesetz am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft treten.
Dieser Zeitpunkt sollte nicht aus den Augen verloren werden, da sämtliche Klauseln, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegenüber Verbrauchern verwendet werden, den Anforderungen des neuen § 309 Nr. 9 BGB entsprechen müssen. Andernfalls ist die Klausel im Zweifel unwirksam mit der Konsequenz, dass überhaupt keine Laufzeit vereinbart wurde.
Wir werden die Angelegenheit weiterverfolgen und halten Sie auf dem Laufenden!